Reboarder sind bei einem Frontalunfall am sichersten, das ist unbestritten und wird auch immer wieder durch zahlreiche Tests belegt. Viele Vorurteile lassen sich schnell aufklären. Oft kommt es aber im Anschluss zu der Frage: und was ist, wenn mir jemand hinten auf mein Auto auffährt? Ist ein Reboarder bei einem Heckunfall unsicherer, als ein vorwärts gerichteter Kindersitz?
Wie Häufig ist welche Unfallart?
Ein häufiger Irrglaube hier: Jeder Frontalunfall ist auch gleichzeitig ein Heckunfall. Der Fehler liegt hier in der Annahme, dass es ausschließlich Auffahrunfälle gibt. Die Realität ist jedoch eine andere. Fahrzeuge prallen Frontal gegeneinander (z.B. Fehler beim Überholen) oder ein Fahrzeug fährt seitlich in das andere hinein (z.B Fehler bei der Vorfahrt). Und dann gibt es noch die Unfälle ohne Beteiligung eines anderen Fahrzeuges, bei denen Bäume, Tiere oder Mauern das Fahrzeug stoppen.
Hier lohnt es sich die Häufigkeit der einzelnen Unfallarten in Bezug auf die dabei verletzten Insassen genauer anzuschauen. Aktuelle Datenerhebungen zeigen, dass zwar jeder 4. Unfall (25,4 %) mit einem Heckaufprall einher geht, der Anteil von Schwerverletzten hier jedoch insgesamt nur 3,5% beträgt . Im Gegensatz dazu sind 43,7% dieser Unfälle Frontalunfälle – jedoch entfallen über die Hälfte aller Schwerverletzten Insassen auf diese Unfallart (52,8 %)

Damit ist klar, selbst wenn ein Reboarder bei einem Heckaufprall weniger Sicherheit bieten würde – möchte man sein Kind gegen 96,5 % der Unfälle bestmöglich schützen oder gegen 3,5 % der Unfälle?
Wie wirken die Kräfte bei einem Heckaufprall?
Ein weiterer häufiger Logikfehler ist die Annahme, dass ein Heckunfall ein umgedrehter Frontalunfall ist. Damit die Kräfte vergleichbar wirken müsste ein Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit rückwärts fahren und so einen Aufprall verursachen. Dieses Szenario tritt in der Realität sehr wahrscheinlich nie oder nur extrem selten auf.
Wieso verlaufen Heckunfälle meist viel harmloser als Frontalunfälle?
Die Statistik zeigt, dass 3 von 4 Fahrzeugen, die von einem Heckunfall betroffen sind stehen oder unter 6 km/h schnell sind. Die Eigengeschwindigkeit bei Frontalunfällen liegt im Schnitt deutlich höher bei 42 km/h. Zudem liegt die durchschnittliche Geschwindigkeitsdifferenz bei Heckunfällen mit 15 km/h auch deutlich unter der bei Frontalunfällen mit 24 km/h. Heckunfälle verlaufen in der Regel also deutlich glimpflicher.
Betrachtet man typische Unfallszenarien zeigt sich auch schnell, wieso das so ist. Auffahrunfälle kommen sehr häufig im stehenden oder langsam fahrenden Verkehr vor. An Ampeln, Vorfahrtstraßen oder durch abrupte Bremsungen bei denen der dahinter fahrende nicht schnell genug reagieren kann. Die Geschwindigkeitsdifferenz der Fahrzeuge ist hier, wie die Statistik belegt, meist deutlich geringer.
Und wenn mir im Stauende einer hinten drauf rast?
Rast ein Fahrzeug oder LKW mit hoher Geschwindigkeit auf ein Stauende auf sind die Folgen meist fatal. Jedoch muss man hier auch klar sagen: bei so einem Unfallszenario ist es wahrscheinlich egal was für ein Kindersitz genutzt wird. Hier hilft nur viel Glück und ein fleißiger Schutzengel. Reboarder sind hier sogar eher im Vorteil, da das Kind in diesem weiter in der Fahrzeugmitte und damit auch weiter weg vom Unfallgeschehen sitzt. Stellt man sich bei diesem Szenario eine eingedrückte Rückbank vor wird schnell klar, dass ein Vorwärtssitz hier kein Plus an Sicherheit bieten kann.
Fazit zum Heckunfall:
Jeder, der selber schon einmal in einem Fahrzeug saß auf welches aufgefahren wurde weiß, dass auch vorwärts sitzende Erwachsene häufig über ein Schleudertrauma oder Beschwerden im Bereich des Nackens klagen. Wer sein Kind bei 96,5 % der schweren Unfälle bestmöglich schützen möchte wählt solange es geht einen Reboarder. Und auch bei den restlichen Unfällen ist ein Reboarder nicht unsicherer als ein vorwärts gerichteter Kindersitz.
Quellen:
- Analyse des Heckaufpralls im realen Unfallgeschehen – Aktuelle Erkenntnisse aus der Unfallforschung im Rahmen des GIDAS-Projektes
- Intelligente Rückhaltesysteme, Berichte der Bundesanstalt für Fahrzeugwesen, Heft F52, S. 13 ff
- Optimierung von Kinderschutzsystemen im Pkw, Berichte der Bundesanstalt für Fahrzeugwesen, Heft F67, S.33 ff